Mitgefühl statt Empathie – DER Schutz vor Burnout

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Die Information, Empathie sei nicht dasselbe wie Mitgefühl, schlug bei mir vor einigen Jahren ein wie eine Bombe.

Zu diesem Zeitpunkt beschäftigten mich bereits seit 12 Jahren Fragen, deren Antworten sich für mich nicht in Worte fassen ließen:

  • Worauf genau basierten meine Schwierigkeiten, die mich in ein Burnout gerieten ließen? 
  • Wie lässt sich mein Erleben in der akuten Phase vor meinem Zusammenbruch beschreiben? 
  • Wie genau kann ich in Worte fassen, was für mich DER Schlüssel aus dieser Abwärtsspirale war?

Obwohl ich mich zu diesem Zeitpunkt bereits lange eigenständig aus der Risikozone Burnout herausgelotst hatte, mich schon viele Jahre in Eigentherapie in der Aufarbeitung befand und selbst Burnout Coach war, fehlte mir noch immer eine zufriedenstellende Erklärung, wie Burnout eigentlich zustande kommt.

Vollumfänglich wollte ich verstehen, was da mit mir geschehen war.

Nicht nur mit meinem Verstand, sondern mit all meinen Sinnen und all meinen Körpern.

Ich wollte von meiner Aufarbeitung berichten können, um Orientierung geben zu können. 

Einfach, weil diese mir selbst so sehr gefehlt hatte.

Nirgendwo fand ich eine einleuchtende, einfache Erklärung, die mir den Kern meines Erlebens aufschlüsseln konnte.

Mit Fachbüchern kam ich nicht weiter.

In ihnen fühlte ich mich zwar beschrieben, aber nicht erkannt.

Natürlich sind es vielfältige Faktoren, die zu einem Burnout führen.

Doch ich wollte verstehen, wieso diese Faktoren bei mir überhaupt so einschneidend greifen konnten.

Was genau bot diesen fruchtbaren Boden, der mich in einen Strudel hatte geraten lassen, in dem ich oben von unten und rechts von links nicht mehr unterscheiden konnte?

Bei aller Komplexität dieses Syndroms war und bin ich davon überzeugt, dass dem Ganzen etwas ganz Einfaches zugrunde liegt, das als Ursache in allen Burnout Biographien ausgemacht werden kann.

Und ja, es gibt diesen EINEN gemeinsamen Nenner

Die Fähigkeit, den eigenen Raum einnehmen, halten und wahren zu können.

Burnout Betroffene haben ein Riesenproblem damit, ihren Raum einzunehmen, ihn zu halten, zu wahren und/oder sich um ihn zu kümmern.

Im Außen zeigt sich das im Hintenanstellen eigener Bedürfnisse und in der immensen Schwierigkeit mit dem NEiN-Sagen.

Die Schwierigkeit, den eigenen Raum einzunehmen und zu wahren, beginnt dabei im Inneren

Dort nämlich halten Betroffene den allerwenigsten Raum für sich frei, wenn überhaupt.

Mithilfe der Differenzierung von Empathie und Mitgefühl lässt sich das greifbar machen, sodass eine positive Veränderung gezielter angegangen werden kann.

Zumindest ging es mir so.

Empathie vs Mitgefühl

Die Neurowissenschaftlerin Tania Singer beschreibt Empathie als eine Art Resonanzfähigkeit, die uns befähige, die Gefühle anderer Menschen zu teilen.

Das heißt, Du nimmst die Gefühle bei anderen nicht nur wahr, sondern sie werden in Dir ausgelöst und Du fühlst sie selbst.

Es bestünde die Gefahr, von diesen Gefühlen überwältigt zu werden, wodurch wir in empathischen Stress geraten könnten, was zu Burnout führen könne.

Genau das beschreibt, was ich kurz vor meinem Zusammenbruch 2005 erlebte.

Mitgefühl habe eine andere Qualität

Es habe etwas von der Fürsorge einer Mutter, die ihr Kind tröste und sei verbunden mit positiven, beruhigenden und liebevollen Gefühlen.

Mithilfe bildgebender Verfahren wies die Hirnforscherin nach, dass empathisches Miterleben von Schmerz von einem anderen neuronalen Netzwerk verarbeitet wird, als aktiv-wohlwollendes Mitgefühl. 

In der Dokumentation „Die Revolution der Selbstlosen“ kannst Du darüber mehr erfahren.

Empathie = reaktives Mitschwingen

Ich bezeichne Empathie gerne auch als reaktives Mitschwingen.

Da die Hirnforscherin es als eine Resonanzfähigkeit bezeichnet, habe ich mir den Spaß erlaubt, einen kleinen Exkurs in die Physik zu machen, wo ich folgende Beschreibung fand:

„Schwingende Körper (Schwinger) können durch Energiezufuhr von außen zu erzwungenen Schwingungen [H.d.V.] angeregt werden. Ist die Erregerfrequenz gleich der Eigenfrequenz des Schwingers, so erreicht die Amplitude der Schwingung ein Maximum. Das wird als Resonanz bezeichnet.“ (Lernhelfer)

Am Beispiel eines Stimmgabeltests lässt sich das sehr eindrücklich veranschaulichen.

Der Stimmgabeltest

Stell Dir drei Stimmgabeln vor.

Zwei mit dem Ton c (130,81 Hz) und eine mit dem Ton a (220 Hz).

Steht jede Stimmgabel auf einem eigenen Klangkasten und die eine Gabel mit dem Ton c wird angeschlagen, erklingt die andere Stimmgabel mit dem Ton c ebenfalls

Die Stimmgabel mit dem Ton a dagegen bleibt stumm.

Warum?

Weil sie eine andere Frequenz hat als die beiden anderen.

Die zweite Stimmgabel mit dem Ton c dagegen hat dieselbe Eigenfrequenz wie die angeschlagene Gabel. 

Deshalb regen die ausgesandten Schallwellen der ersten Stimmgabel die zweite zum Schwingen an. 

Wird die erste Stimmgabel nun zum Verstummen gebracht, klingt die zweite immer noch weiter

Hier ein schönes Videobeispiel des Stimmgabeltests (hier klicken).

Wir Menschen sind schwingfähige Körper

Die Atome in unseren Zellen schwingen. Das ist ihnen eigen. 

Würden sie das nicht tun, wären sie tot.

Wie der Stimmgabeltest anschaulich zeigt, üben schwingfähige Systeme auf gleicher Frequenz Einfluss aufeinander aus. 

Ein Mensch als schwingfähiges System kann also Dich als ein ebenfalls schwingfähiges System mit seiner Frequenz zum Schwingen bringen. 

Vorausgesetzt, Du hast dieselbe Eigenfrequenz

Das bedeutet, in eurer Grundschwingung befindet ihr euch auf derselben Wellenlänge

In unserem Sprachgebrauch hat sich dieses Phänomen z.B. in Redewendungen wie „etwas ausklingen / nachklingen lassen“ festgesetzt.

Das sich selbst verstärkende Echo

Im Rückblick trifft die Bezeichnung erzwungene Schwingung exakt, was ich mein Leben lang und ganz extrem in den letzten Monaten vor meinem Zusammenbruch erlebte. 

Ich fühlte mich meinem damaligen Arbeitsumfeld emotional komplett ausgeliefert

Dieses war stark aufgeladen mit Gereiztheit, Ärger, Frust, Wut und Verzweiflung, die ungefiltert in mir Widerhall (lat. resonare : widerhallen) fanden.

Unfähig, meine Gefühle außerhalb der Bühne auszudrücken und negative Emotionen loszulassen, staute sich in mir eine ungeheure Masse an Negativität an. 

Meine Unfähigkeit, Gefühle nach außen zu zeigen oder zu kommunizieren und meine nicht vorhandenen Strategien, Konflikten adäquat zu begegnen (ich hatte es schlicht nicht gelernt), manövrierten mich in eine innere Not, die ich weder verstand noch einordnen konnte. 

An dieser Stelle wäre vielleicht wichtig zu erwähnen, dass ich mir zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise auch nur ansatzweise bewusst war, dass ich dieses gewaltige Kommunikationsproblem hatte. 

Verschärft wurde meine Situation durch Mobbing durch eine Gruppe Kolleg:innen, dem ich mich nicht zu entziehen wusste.

Mein inneres Erleben in dieser Zeit glich einer Armada von Stimmgabeln, die auf sämtliche negative Emotionen im Innen und Außen anklangen und nicht mehr abebbten.

Ganz im Gegenteil.

Du kannst es Dir so vorstellen, als wären die Schallwellen der Stimmgabeln aus meinem Inneren auf dem Weg nach draußen an meiner emotionalen Undurchlässigkeit abgeprallt und in mein Inneres zurückgeworfen worden.

Dort brachten sie weitere Stimmgabeln in Schwingung, deren Schallwellen wiederum zurückgeworfen wurden usw.

Wie sich selbst verstärkende Echos schwoll so eine unerträgliche Lautstärke in mir an. 

Hätte ich mich um meine eigenen Emotionen kümmern wollen – es wäre mir nicht möglich gewesen.

Gefühlt wurde ich innerlich von fremdem Lärm niedergeschrien, der ungefiltert in mein System drang, das zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor der Kapitulation stand.

Der innere Lärm überwältigte mich völlig und ich war ich nicht mehr in der Lage, selbstbestimmt zu agieren.

Ich wand mich nur noch in mir selbst, auf der verzweifelten Suche nach Ruhe.

Ich will einfach nur meine Ruhe!

Vielleicht gibt die Vorstellung einer Armada klingender Stimmgabeln eine Idee, weshalb Menschen im aktiven Burnout taub für Ratschläge zu sein scheinen. 

Mein Problem war: 

  1. Ich spürte die Sorgen der anderen und versuchte, diesem Gefühl verzweifelt zu entkommen, um es nicht auch noch fühlen zu müssen.
  2. Diese gut gemeinten Ratschläge trugen exakt DIE Energiesignatur, der ich auf Biegen und Brechen zu entrinnen suchte:

Jemand wollte etwas von mir. 

Zwar zu meinem Besten.

Doch entscheidend dafür, dass ich nicht zuhörte, war, dass jemand etwas von mir wollte.

Und ich war nicht nicht mehr bereit zu geben. 

Nichts mehr.

Ich wollte einfach nur meine Ruhe!

Doch genau das war es, was ich mir selbst so gar nicht erlauben konnte: Ruhe

Hätte ich mir die geben können, hätte das reaktive Mitschwingen mit dem Umfeld abebben und ich wieder ein Stück zu mir selbst finden können, wie es während meiner Krankschreibung dann auch geschah. 

Mitgefühl = pro-aktives Mitschwingen

Die Fähigkeit, mich innerlich von Gefühlen und Emotionen distanzieren zu können – auch von meinen eigenen -, kam mit der inneren Erlaubnis, mich distanzieren zu DÜRFEN, was die Wandlung vom reaktiven zum proaktiven Mitschwingen einläutete.

Tania Singer schreibt Mitgefühl die Qualität eines fürsorglichen Elternteils zu.

Das heißt, wir nehmen die Gefühle anderer zwar wahr, fühlen sie jedoch nicht direkt selbst.

Stattdessen kümmern wir uns liebevoll und üben einen beruhigenden Einfluss aus.

Ich verstehe darunter die Aufforderung, Gefühlen pro-aktiv zu begegnen, ohne uns in sie hineinfallen zu lassen, weswegen ich das Mitgefühl gerne auch als pro-aktives Mitschwingen bezeichne.

Beim pro-aktiven Mitschwingen bleibt Dein Fokus beim anderen anstatt Dich im Kontakt mit seinem Gefühl in Deiner eigenen Gefühlswelt zu verlieren.

Um mit anderen mitfühlen zu können, brauchst Du das Gefühl nicht in Dir selbst fühlen

Es reicht, es zu spüren.

Das „vernünftige“ Gefühl

Auch Psychologie-Professor Paul Bloom sagte in einem Interview mit zeit.online:

„Empathie heißt: Ich fühle das, was ein anderer Mensch fühlt. Mitgefühl bedeutet: Ich kümmere mich um den anderen, ich sorge für ihn.“ 

Man könnte das Mitgefühl vielleicht auch als ein „vernünftiges“ Gefühl bezeichnen.

Bloom beschreibt es als „Ausdruck der Vernunft, die zwischen dem spontanen, distanzlosen Mitempfinden und dem kalt-distanzierten Verstand vermittelt“.

Wenn ich vom gesunden oder angemessenen Grenzen setzen spreche, meine ich genau das: 

Nimm Dein reaktives, erzwungenes Mitschwingen wahr, ohne Dich ihm hinzugeben

Statt im Fühlen zu bleiben, wechsle ins Spüren und Beobachten („kalt-distanzierter Verstand“).

Dafür reicht es, ganz bewusst 3-5 Atemzüge zu nehmen und Dich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren.

Spüre in Deinen Körper hinein, beobachte Deine sinnesspezifischen Reaktionen und warte, welcher Impuls sich bemerkbar macht.

Dann erst geh in die Handlung, falls sich eine zeigt.

Der Schlüssel

DER Schlüssel raus aus dem Burnout war für mich persönlich Mitgefühl mit mir selbst

Das kannte ich bis dahin nicht. 

Ich hatte mich entweder selbst bemitleidet, ohne wirklich etwas ändern zu wollen, was sich in Jammern und Meckern bemerkbar gemacht hatte. 

Oder ich übte mit unerbittlicher Härte Druck auf mich aus, was zwar zu guten Leistungen führte, mich aber rücksichtslos machte, vor allem gegenüber mir selbst.

Selbstmitleid und Druck sind reaktive Strategien auf äußere Umstände. 

Im Selbstmitleid fällst Du energetisch in Dir selbst zusammen und glaubst von vornherein gar nicht daran, dass irgendetwas die Situation verändern könnte, weswegen Du es gar nicht erst versuchst.

Druck äußert sich in Rebellion

Entweder in offener Rebellion, indem Du provozierst und genau das nicht machst, was von Dir verlangt wird. 

Oder in versteckter Rebellion, indem Du Deine Aufgabe sogar ausgesprochen gut erledigst, innerlich aber wütest und grollst und Gedanken wie „Wart’s nur ab, eines Tages werd ich’s Dir zeigen!“ in Deinem Kopf Loopings drehen.

Selbstmitgefühl dagegen ist eine pro-aktive Haltung

Nimmst Du etwas in Dir wahr, was „nicht sein darf“ wie z.B. Wut, Abneigung, Ekel, Neid, Hass…., schiebst Du dieses Gefühl nicht weg und verurteilst Dich auch nicht dafür.

Stattdessen begegnest Du Dir verständnisvoll mit einem Gedanken wie „Kein Wunder….“ und anerkennst das entsprechende Gefühl aufgrund Deiner Geschichte als eine völlig normale Reaktion.

Dabei geht es nicht darum, das Gefühl gleich annehmen zu „müssen“, sondern es „einfach“ erstmal da sein zu lassen.

Mitgefühl ist die beste Prävention bei Burnout

Mitgefühl verbessert unsere Beziehungen im Allgemeinen wesentlich. 

Vor allem die zu uns selbst.

Nicht mehr so sehr darauf angewiesen, von anderen gesehen und anerkannt zu werden, kannst Du andere aus ihrer unausgesprochenen Verpflichtung entlassen, Dir ständig eine Daseinsberechtigung erteilen zu müssen und sie Dir stattdessen selbst aussprechen.

Du siehst Dich selbst und lernst, Dich um Dich selbst zu kümmern und Dich immer besser zu versorgen, indem Du Dir Deine Bedürfnisse zugestehst und eigenständig für ihre Erfüllung sorgst.

In Folge kannst Du die Sehnsucht gehen lassen, andere sollten Deine Bedürfnisse erfüllen, ohne dass Du sie zum Ausdruck bringen müsstest.

Im Selbstmitgefühl begegnest Dir selbst in wohlwollender Haltung, gestehst Dir Deine Gefühle zu und bist für Dich selbst da.

Nach und nach kommen diese Haltung und Zugeständnisse auch im Miteinander mit anderen zum Ausdruck.

In dem ganzen Prozess zu einem verkörperten JA zu DIR ist Selbstmitgefühl Dein erster Schritt zu der Fähigkeit, 

  • zeitgleich in gesundem Kontakt mit Deinem Umfeld UND Dir zu bleiben.
  • Dir und anderen in Krisenmomenten mit fürsorglicher Präsenz begegnen zu können anstatt Dich in Deiner Gefühlswelt zu verlieren.
  • anderen ihre Bedürfnisse zugestehen zu können, ohne Dich genötigt zu fühlen, sie erfüllen zu müssen.
  • die Bedürfnisse anderer nicht auf Deine Kosten zu erfüllen und im Kontakt mit Deinen eigenen Bedürfnissen bleiben zu können.
  • Dich nicht zu verurteilen, wenn Dir all die gerade genannten Punkte und noch vieles mehr gerade nicht gelingen mögen. 🧡

Sorge gut für Dich!

Erlaube Dir, Dir selbst die „Fürsorge einer Mutter, die ihr Kind tröstet“, „verbunden mit positiven, beruhigenden und liebevollen Gefühlen“ (Singer) zu schenken. 

Erlaube Dir, Dich um Dich selbst zu kümmern und Dir aktiv-wohlwollend zu begegnen.

Es braucht einzig und allein „nur“ Deine Erlaubnis, Dir selbst diese Wichtigkeit in Deinem Leben einzuräumen.

Dir selbst mit pro-aktivem fürsorglichen Wohlwollen zu begegnen fühlt sich anfangs ungewohnt an. 

Zugleich hat es aber auch etwas sehr Vertrautes

Für mich war es damals wie ein Nachhause-Kommen nach einer sehr langen und anstrengenden Reise. 

Und ein bisschen so, als würde ich nach sehr langer Zeit nackt vor einem mich liebenden Menschen stehen, dem ich vollkommen vertraue. 

Und dieser Mensch war ich selbst.

Aktiviere Deinen Mut, bedingungslos für Dich selbst da zu sein! 

Wünschst Du Dir Unterstützung bei der Aktivierung und Kultivierung Deines Selbstmitgefühls, komm gerne in meine Selbst.mit.Gefühl Challenge „Die Kraft des Selbstmitgefühls“. Dort teile ich ganz kompakt die für mich besten Übungen und Erkenntnisse meiner Reise ins Selbstmitgefühl.

Du bist es wert! ♥︎

TAKE YOUR SPACE! 

Jana

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